Seelze - Eckdaten

  • Veröffentlicht am: 2. Juli 2011 - 11:00

In seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl hat der Rat der Stadt die Eckdaten verabschiedet.

Die Eckdatenrede des Fraktionsvorsitzenden Bündnis90/Die Grünen Knut Werner im Wortlaut:


E c k d a t e n


Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

Die Eckdaten für das Jahr 2012 zeigen das Bild einer Stadt, die nicht erst am finanziellen Abgrund steht sondern schon mindestens einen Schritt hinein ist.

Vergleicht man das mit der privaten Wirtschaft, dann w„re schon längst Insolvenz angemeldet worden. Der Insolvenzverwalter würde verzweifelt nach Investoren, sprich anderen Städten und Gemeinden suchen, aber keine finden, da diese ähnliche Probleme haben.

Was mir große Sorgen bereitet, ist die völlig aussichtslos scheinende Lage unserer Stadt in finanzieller Sicht.

Mit diesen Sätzen, meine Damen und Herren, habe ich meine Eckdatenrede für das Jahr 2011 begonnen. Und....Es hat sich nichts verändert.

Der Bürgermeister hat w”rtlich in seiner Einbringungsrede gesagt: " Am ehesten l„sst sich die Situation mit einem Tanz auf dem Vulkan darstellen. Der Vulkan steht kurz vor dem Ausbruch und droht uns alle unter einem Ascheregen zu ersticken."

Was der Brgermeister damit meint, ist wohl, dass der Berg der Verbindlichkeiten so groß ist und die Luft zum Atmen so dünn ist wie auf dem Mount Everest. Er hat Recht, die Luft zum Atmen wird immer weiter zugeschnürt, da allein schon die Zahlungen für die Pflichtausgaben die Einnahmen der Stadt übersteigen. Eine Firma würde sagen, unser Produkt ist falsch, wir geben es auf und erfinden ein neues. Eine Familie würde, wenn Miete und Kosten h”her sind als Lohn und Kindergeld Privatinsolvenz beantragen.

Bei einer Stadt ist das nicht so einfach, es gibt keine Vorschriften für eine st„dtische Insolvenz. Und deshalb ist zu fragen, ob sie trotzdem tatsächlich in der Lage ist, sich aus dem Würgegriff zu befreien oder ihn einige Zentimeter zu öffnen.

Die Stadt ist - wenn wir gegenüber unseren Bürgern ehrlich sind - und das sind wir Grünen immer - nicht in der Lage, in naher Zukunft aus dieser Situation herauszukommen. Genau das habe ich im letzten Jahr auch gesagt, geändert hat sich leider nichts.

Und jetzt liegt uns der Zukunftsvertrag mit dem Land Niedersachsen vor, ein Antrag auf Entschuldungshilfe, mit dem 75 % der bis 2009 aufgelaufenen Kassenkredite vom Land übernommen werden können.

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Die Voraussetzung: Ein ausgeglichener Haushalt spätestens 2015.[/box]

Ist das eine Utopie?

Ist es in 3 Jahren zu schaffen, jedes Jahr die Verbindlichkeiten um 3 Mio zu kürzen, um 2015 auf eine Null zu kommen - und das auch ohne Bedarfszuweisungen?

[u]Müssen wir dann alle freiwilligen Leistungen wie

- Verlängerung der KiGa-Öffnungszeiten wieder aufheben?

- Müssen wir Bäder schließen?

- Stadtbibliothek, Zuschüsse an Vereine etc, Musikschule, Schulen etc etc streichen ?

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Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir die Stadt Seelze bevollm„chtigen, mit dem Land in Verhandlungen zu treten. Dieser 1. Schritt ist jetzt entscheidend.

Wenn diese Gespräche abgeschlossen sind, dann werden wir alle im Rat, dann aber der am 11.09.2011 zu wählende neue Rat zu entscheiden haben, wie es weitergehen kann. Jetzt geben wir dem Bürgermeister den Auftrag zu Verhandlungen, später entscheiden wir, was wir nach den Verhandlungen tun können und ob es dann überhaupt möglich ist, einen solchen Vertrag zu schließen. [i]Ob es der richtige und damit begehbare Weg wird, hängt viel vom Verhandlungsgeschick unseres Bürgermeisters ab.[/i]

Wichtig ist nur, jetzt nicht den Kopf in den Sand zu stecken.

Wir müssen kreativ sein, der Bürger muss aber auch wissen, dass alles dies nicht zum Nulltarif zu bekommen ist.

Einer der Punkte auf der Kreativliste ist die Einrichtung des Bürgerhaushaltes ab 2012, die Beteiligung des Bürgers an seinem Haushalt, weil alles das, was wir beschließen, den Bürger betrifft. Deshalb wurde auch auf Antrag der Grünen hin am 25.11.2010 vom Rat der Bürgerhaushalt ab 2012 beschlossen. Ich bin der Stadt dankbar für die Beschlussvorlage 722 b und die Präsentation am 28.06. im Ausschuss für Finanzplanung und Zentrale Dienste. Irritiert war ich von Ihnen, meine Damen und Herren Kollegen von der SPD in der Sitzung über ihre Žuáerungen zum Bürgerhaushalt, diesen erst vom am 11.09.2011 gewählten Rat beschließen zu lassen wo wir ihn doch schon am 25.11.2010 beschlossen haben. [i]Der Stadt also danke[/i] ich für die Präsentation und deshalb wurde der Stadt auch der Auftrag erteilt, dort fortzufahren und das Verfahren in Gang zu setzen.

Die in der Eckdaten-Beschlussvorlage 817 angegebenen Zahlen können wir nur zur Kenntnis nehmen. Sie sind eine Fortschreibung der schlechten Zahlen, die Sie, meine Damen und Herren von der SPD uns schon zu Beginn der Ratsperiode hinterlassen haben, aus den Zeiten, als Sie noch die Mehrheit hier im Rat hatten. Und wir müssen uns schon fragen, wie es dazu kommen konnte, dass unsere Stadt jedes Jahr ein dickes Minus macht, auch in den letzten Jahren.

Wir können die Schuld über die schlechte Lage der Stadt nicht allein bei Bund und Land suchen sondern auch bei uns, so zT an unseren zu teuren und schlecht gelegenen Gewerbegebieten, die wir nicht loswerden. Das sind [u]Fehlentscheidungen der alten Ratsmehrheit der SPD[/u], die sich jetzt rächen. Man kann sich mit einem neuen Stadtteil so nicht gesundstoßen. Schauen wir in unsere Nachbarschaft, zB nach Wunstorf, da müssen die Gewerbestandortbedingungen besser sein.

Wir brauchen dringend einen Stadtbaurat. Wenn ich zB denke an die Kostensteigungen für das Feuerwehrhaus in Velber, den KiGa St. Martin, dann zeigt das einfach, dass dort eine Persönlichkeit von Fachkompetenz fehlt, die wir dringend brauchen, um nicht wieder Hunderttausende durchzuwinken. Auch das ist eine Sparmaßnahme. Und Sie, meine Damen und Herren von der SPD haben bald kein Argument mehr, das zu verhindern.

Ich freue mich, dass auf Grund unseres Antrages und des damit verbundenen Zeitfenstern bis zum heutigen Tage sich in Lohnde jetzt endlich ein Verein in der Gründungsphase befindet. So werden auch da Kosten eingespart. Es zeigt sich, dass manchmal ein gewisser hilfreicher Druck erforderlich ist, um zum Ziel zu kommen.

Ihnen allen, den ausscheidenden und nach der Wahl bleibenden Ratsmitgliedern, dem Bürgermeister und der gesamten Verwaltung der Stadt will ich keine Ratschläge geben.

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Nur eins bleibt: Es ist nie zu spät. Packen wir es an.[/box]

Ich danke Ihnen.