Rede zum Haushalt für 2020: Seelze - Haushalt

  • Veröffentlicht am: 28. November 2019 - 20:25

Knut Werner Haushaltsrede

Knut Werner Haushaltsrede
Knut Werner Haushaltsrede

Haushaltsrede 2019 für das Jahr 2020

 

Herr Ratsvorsitzender,

Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren,

heute ist ein besonderer Tag: Das EU-Parlament hat heute den Klimanotstand ausgerufen. Glücklich sollten wir darüber nicht sein.

Uns allen liegt zum ersten Mal seit langem ein ausgeglichener Haushaltsentwurf vor. Dazu haben wir uns als Stadt Seelze gegenüber unseren Aufsichtsgremien verpflichtet. Deshalb sage ich zunächst einmal Danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Seelze, die dafür gearbeitet haben.

Manche könnten jetzt auf die Idee kommen: Es ist alles gut.

Und so danke ich ihnen, dass Sie meiner Haushaltsrede zugehört haben. Wir, die Grünen werden dem Haushalt zustimmen.

( Ich tue so, als ob ich gehe.)

Ach, meine Damen und Herren, da fällt mir noch die eine oder andere Frage ein: Ist wirklich alles gut???

Was erwarten wir Grünen vom Haushalt 2020???

Haben die Seelzer Politiker und die Verwaltung wirklich ihre Hausaufgaben gemacht???

Haben wir das verstanden und in dem Haushalt umgesetzt, was die Generation nach uns bzw deren Kinder uns jeden Freitag immer wieder auf der ganzen Welt vor Augen halten???

We only have one planet – Wir haben nur einen Planeten, wir haben nur eine Erde.

Schaut man sich die letzte Zeit genau an, so ist das Gefühl nicht da, dass es viele verstanden haben, auch hier in Seelze nicht. Hier in Seelze hat insbesondere bei den noch großen Parteien ein Umdenkungsprozeß nicht stattgefunden, was man an ganz banalen Entscheidungen der SPD und CDU festmachen kann.

Denken wir ganz einfach an den kommenden Ausbau der Hannoverschen Straße in Seelze, an dem sich darstellen lässt, wie hier noch nach alter Väter Sitte entschieden wird:

Auto, Auto, Auto, Auto………

Das ist für viele von Ihnen von CDU und SPD immer noch das Wort, das angeblich Wählerstimmen bringt. Dabei haben wir es doch gerade in Hannover bei der OB-Wahl gesehen, dass es anders geht. Belit Oney, der erste Grüne OB von Hannover, hat immer erklärt, dass er eine autofreie Innenstadt bis zum Jahr 2030 schaffen will. Und er ist trotzdem gewählt worden.

Deshalb war Ihre Entscheidung, meine Damen und Herren von der CDU und der SPD, rund 500.000,00 EUR für den Ankauf von Land für Parkplätze entlang der Hannoverschen Straße auszugeben, sicher keine Entscheidung für die Bürger sondern eine Entscheidung gegen das Klima hier in Seelze. Sie können Ihre Entscheidung noch ändern, müssen nur richtig in der Änderungsliste abstimmen, also mit Nein bei Punkt 50. Sie wussten an Hand von Studien, dass wir diese Parkplätze nicht brauchen, weil die bisherigen auch Nachts nur zu 52 % genutzt werden. Und so wird wieder mehr Fläche versiegelt und der Natur und damit der heimischen Tierwelt genommen. Sie wissen: Keine Pflanzen, keine Insekten, keine Vögel usw.

Was hätten wir mit dem Geld alles machen können, um die Klimaziele in Seelze zu erfüllen. Jetzt stehen sie im Haushalt für Beton, für Versiegelung der Landschaft.

Und auch die Verwaltung denkt nicht weit genug. Das Ergebnis ist die frisch geteerte Hannoversche Straße in der Innenstadt von Seelze. Eine Rennstrecke für jeden Autofahrer. Die Autofahrer brausen durch die Stadt, nicht etwa, um in der Innenstadt von Seelze einzukaufen, sondern um auf schnellstem Weg nach Wunstorf oder wo auch immer hinzufahren.

Der Bürgermeister und der 1. Stadtrat hätten mehr Einfluss auf die Region nehmen müssen, zumal unser Antrag auf Errichtung einer Fußgängerzone schon lange vorlag und auch in den von Ihnen danach veranstalteten Foren deutlich sichtbar wurde, dass die Bürger, die sich daran beteiligt haben, alle eindeutig sagten: Autos und damit Gestank und Krach raus aus der Stadt.

Diese Bürger hätten auch Belit Oney gewählt, aber in Seelze wird erst in 2 Jahren ein neuer Bürgermeister gewählt und wir arbeiten daran, dass es dann auch eine Grüne Kandidatin oder einen Grünen Kandidaten gibt, die/der auch in Seelze für eine Veränderung sorgen kann.

Ich bedanke mich bei der Stadt Seelze für das Stadtexperiment, das am Kreuzweg gestartet worden ist, und für den Mut, es durchzuführen. Ich war in der 1. Woche jeden Tag da, habe auch immer einen Parkplatz gefunden und habe mit vielen Bürgern gesprochen, die das goutierten, aber auch mit vielen, die dagegen waren. Zugegeben, es war die falsche Zeit, im Sommer wäre das Geschrei nicht so laut gewesen. Aber es hat gezeigt, dass eben viele Menschen nicht einmal knapp 100 Meter gehen wollen, um einzukaufen.

Aber jetzt, meine Damen und Herren, am letzten Freitag, waren beim Seelzer Lichtermeer trotz gesperrter Hannoverscher Straße die Stadt und die Geschäfte voll und kein Auto da und alle waren zufrieden. Wir Grüne haben seiner Zeit gegen Widerstände die Sperrung beantragt, denn das kostet ja ca 4.000,00 EUR. Was ist das gegen Parkflächen?? Aber: Der Wochenmarkt findet jetzt Dienstags in Seelze an neuer Stelle statt, ist besser besucht als vorher und dafür wird sogar eine Straße zum Teil gesperrt. Es geht also doch.

Wir, die Grünen, haben in diesem Jahr bei unseren sog. Grünen Frühstücken das Feedback der Menschen erfahren, um die sich in Seelze wenige kümmern, weil sie nicht die Mehrheit sind wie zB Menschen mit Behinderungen und Radfahrer. Frau Böhme als Behindertenbeauftragte der Stadt hat uns bei unserem Rundgang mit Menschen mit Behinderungen mit Rollstühlen und Rollatoren ihr Leid geklagt, wie wenig ihre Eingaben bei der Stadt Berücksichtigung finden. Wir fanden gravierende Mängel

- bei der neuen Autobahn durch Seelze (Hannoversche Straße) bei Höhenunterschieden zwischen Gosse und Fahrweg,

- Gullis bei der Absenkung von Radwegen, in denen Rollstühle stecken bleiben,

- zu tiefe Gossen, aus denen Rollstuhlfahrer nicht mehr hinauskommen, auch mit einen Hightech-Roller mit Motor nicht,

- schiefe Gehwege in der Stadt an der Hannoverschen Straße, die die Rollstühle von selbst auf die Fahrbahn rollen lassen,

- schiefe Gehwegplatten,

- hohe Absätze bei Beeten mit Bäumen, aus denen ein Rollstuhl ohne Hilfe nicht mehr herauskommt,

- keim Geländer bei einer schiefen Ebene auf dem Rathausplatz

- und als Krönung eine Toilette, aus der ein Rollstuhlfahrer, wenn er einmal drin ist, nicht mehr herauskommt.

Daraus haben sich einige Anträge ergeben, die wenig kosten, vielleicht ein paar Tausend EUR, aber über die am meisten diskutiert wird. Wir haben sie heute auf der TO. Und wenn dann der Vorsitzende des Seniorenrates in einer Ausschuss-Sitzung des AOS sagt, er sei dagegen, dass sich die Grünen für diese Sachen die Lorbeeren holen, dann fällt mir dazu nichts mehr ein.

Wir haben mit einer Fahrradtour durch Seelze selbst erfahren wollen, wie es ist, mit dem Fahrrad durch Seelze zu fahren. Wir haben uns von Herrn Handtke, dem Chef der Seelzer Uniformierten Polizei, vorher direkt vor Ort über die Rechte und Pflichten von Radfahrern aufklären lassen. Dann sind wir los und haben uns an die Regeln gehalten.

Meine Damen und Herren: Es ist lebensgefährlich mit dem Fahrrad die Hannoversche Straße zwischen Volksbank und HEM-Tankstelle zu fahren. Mir flogen die Worte eines SUV-Fahrers entgegen: Verpiss Dich, alter Mann, Du hast eh nicht mehr lange.

Ich möchte daher die Verwaltungsleitung ermutigen, endlich ihre Einstellung zur Verkehrssituation in Seelze zu überdenken und dafür Sorge zu tragen, endlich ein geeignetes Straßenbenutzungssystem oder Verkehrskonzept für alle Verkehrsteilnehmer zu schaffen, dem Fahrrad endlich den Stellenwert zu geben, den es verdient und den Menschen den nötigen Raum abseits von Auspuffgasen und Gestank.

Die Innenstadt von Seelze hat so viele schöne Plätze, auf denen man viel mehr Lebensqualität schaffen kann, wo man ua in Ruhe sein Eis essen kann, ohne das Vorbeirauschen von Autos und deren Gestank und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung ertragen zu müssen. Dann wird man dort auch gern mehr einkaufen gehen wollen. Und es werden sich auch gern wieder Läden ansiedeln, die das Angebot verändern oder verbreitern. Das wird für die Zukunft das Ergebnis unseres Antrages auf eine Fußgängerzone sein.

Wir haben uns mit Anträgen zurückgehalten, da auf Initiative von den Grünen und der SPD die Schullandschaft in Seelze extrem verbessert wird und dadurch schon erhebliche Kosten entstehen.

 

Auch wir Grüne sind Menschen mit Fehlern. Auch ich bin schon in diesem Jahr geflogen und wenn man dann auf Mallorca eine dortige fridays for future Demonstration erlebt mit Schülern, Lehrern, Jungen und Alten Spaniern und Touristen aus der ganzen Welt, dann sollte es uns zu denken geben.

In diesem Sinne arbeiten wir Grünen weiterhin für Nachhaltigkeit des Klimas in Seelze und damit der Welt, was zB auch in unserem Antrag wegen der Schottergärten zum Ausdruck kam.

Wir werden dem Antrag der SPD, Insektenhotels in Seelze zu verteilen, nicht zustimmen. Davon profitieren nur 10 – 20 % der Insekten. Viel wichtiger wäre es, dauerhafte Blühstreifen für alle Arten von Tieren zu errichten. Aber, wir haben für Sie als Trost ein Haus mitgebracht.

Wir sind sicher, dass das Thema Fußgängerzone weiterhin in Seelze Beachtung finden wird, wir fordern ein verändertes Verkehrswegekonzept für Seelze, in dem     - auch Autos- vorkommen dürfen. Spätestens in 2 Jahren nach der nächsten Bürgermeisterwahl wird es soweit sein.

Wir stimmen dem Haushalt zu, weil wir davon ausgehen, dass die Stadt Seelze sich ändern wird. Wir werden das kritisch mit Anträgen begleiten.

Knut Werner    25.11.2019