Das Jubiläumsfrühstück mit Volker Beck: 25. Grünes Frühstück

  • Veröffentlicht am: 6. September 2016 - 12:14

Bevor das 25. Grüne Frühstück startete, übernahm es der stellv. Bürgermeister Knut Werner den Bundestagsabgeordneten Volker Beck zur Eintragung in das Goldene Buch der Stadt zu bitten.


Eintag in das Goldene Buch der Stadt Seelze

Dann startete das 25. Grüne Frühstück in einem vollen Saal der Gaststätte Flügels. Wie bei jedem vorangegangenen Grünen Frühstück wurde zunächst das Thema der letzten Veranstaltung „Radfahren in Seelze“ angesprochen. Die Moderatorin der Veranstaltung Evelyn Werner berichtete in kurzen Worten vom Pressegespräch vor wenigen Tagen: Die Renovierung Harenberger Meile in Harenberg ist für 2017 in Planung und soll dann auch eine Kennzeichnung eines Radweges erhalten. Die Hannoversche Straße startend schon vor Honeywell bis zu den Einkaufsmärkten vor Letter erhält eine Bearbeitung und damit auch eine Lösung für die Radfahrer. Aufgenommen wurde nicht nur das Problem an der Kreuzung 441/230 mit dem im Nichts endenden Radweg ebenso wie die nur bedingte Befahrbarkeit des Schotterwegs am Kanal und des ungenügenden Radwegs an der Bahn in Richtung Hannover. Hier nahmen die Mitarbeiter der Region mit, auch Kontakte zu Bundesbehörden und deren Zusammenarbeit zu versuchen. Probleme mit Verkehrszeichen und mit Durchfahrtsschranken für Radfahrer – so meldete Evelyn Werner – sind ihr schon einige nach dem Aufruf in der LeineZeitung gemeldet worden. Nach einer Rückantwort von Verwaltung/Polizei gibt es hier eine Rückmeldung an Beteiligte und Interessierte.
Wie immer wurde nun aus den letzten Sitzungen berichtet:

Frank Joosten zur Entscheidung zum Seniorenrat, dem dir Grünen im Rat nicht zugestimmt haben, weil sie hier ein Übergewicht der Vertretung der Senioren sehen, die ohnehin schon überproportional im Rat vertreten sind – im Gegensatz zur Jugend der Stadt.
Dr. Stefan Heizmann sprach noch einmal die Jalousien an, die für die Grundschule in Harenberg durch den Rat gegangen sind, obwohl diese Schule sicher in nur wenigen Jahren einer West-Schule weichen wird.
Ralf Marter rief ein Thema auf, dass nicht immer im Mittelpunkt steht: Wegerandstreifen. Vor rd. 2 Jahren hatte es einen Grünen Antrag zur Überprüfung gegeben. Nach zwei Jahren gar vor kurzer Zeit die Verwaltung Rückmeldung - auf der Basis eines alten Google-Bildes. Geschehen ist dazu bislang nichts.
Knut Werner ging zunächst auf die Stabilitätshilfe und dann auf die Flüchtlingssituation in Seelze ein. Er sprach konkret die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge und den Einsatz der Integrationslotsen an.

Nun stand es dem Gast dieser Veranstaltung Volker Beck an, die „Berliner Sicht“ zu diesem Thema in die Veranstaltung einzubringen. VB stieg damit ein, dass er ein Bewusstsein dafür schaffte, dass Deutschland im Verhältnis 82:1 im letzten Jahr bekommen hat – in direkt betroffenen Länder wie Jordanien jedoch Menschen im Verhältnis 5:1 aufzunehmen waren und das bei einer schlimmen Arbeitsmarktlage und einer viel schlechteren Wirtschaftslage. Er kritisiert nicht die Äußerung der Kanzlerin vor einem Jahr „Wir schaffen das“, aber er ergänzt, dass dieses nicht ohne den Nachsatz hätte erfolgen sollen, was dieses bedeutet, was die Aufgabe ist. Dann würde man heute die Situation anders betrachten – als auf dem Weg auf dem ein Teil einer Strecke erreicht wurde und viel noch zu schaffen ist. Aus seiner Sicht ist sind die Flüchtlinge nicht eine Lösung für eine überalterte Gesellschaft. Es ist eine Aufgabe die wegen der bei uns verankerten Menschenwürde zu lösen ist. Und wer kam? Sicher kamen zunächst die gut Ausgebildeten, denn sie hatten dazu die finanziellen Voraussetzungen, sich in ein Flugzeug zu setzen. Aber dann kamen und kommen eben die Normalbürger und damit der Durchschnitt von Menschen vom Analphabeten bis zum Handwerker. Sie sind Schutzbedürftige und als solche zu sehen. Aber sie bringen auch Potential mit, wenn wir ihnen Gelegenheit dazu geben. Dabei betreiben wir noch heute viel Unfug mit der Gesetzgebung – wir nehmen Gesetze zurück, die erst vor 1 ½ Jahren eingeführt wurden. Aus gutem Grund eingeführt wurden. Für den Arbeitsmarkt bedeutet die Situation, dass uns Menschen erreichen, die keinen Schulabschluss haben, aber nach deutschen Recht auch nicht mehr schulpflichtig sind – für diese Menschen gibt es bis heute keine Brücke aus dem Bundeskanzleramt. Ebenso ist sie für Studierende in vielen Fällen nicht geregelt: Deutschkurse, Bafög? Und dann gibt es die Menschen, die noch keine Entscheidung zur Anerkennung erhalten haben. Sie bekommen oftmals gar nichts – noch nicht einmal einen Deutschkurs. Niemand weiß, wie viele Menschen einfach in ihre Heimat zurückgehen würden, sobald die Kriegssituation beendet ist. Aber was würde es schaden, wenn Menschen, die noch keine Anerkennung haben oder auch wollen, mit mehr Bildung irgendwann in ihre Heimat zurück gingen?

Welche Bedeutung die ehrenamtliche Tätigkeit in der Flüchtlingsfrage hat, sprach VB ebenso an. Er hat Verständnis dafür, dass es Menschen gibt, die nach einem Jahr Engagement sagen: Ich muss mal Pause machen, ich brauche auch mal Abstand. Er sagte aber auch, dass es unglaublich viele Menschen gibt, die erst mit der Flüchtlingswelle zum ehrenamtlichen Einsatz gekommen sind.

Aber Ehrenamt kann nicht alles leisten und benötigt auch in bestimmten Bereichen Unterstützung: Räume für wichtige Zentren, in denen sich Menschen begegnen. Geld für gemeinsame Maßnahmen. Da ist noch viel Nachbesserung nötig. Mit viel Verspätung hat der Bund sein finanzielles Engagement erhöht – zu spät und nicht ausreichend um diesen finanziellen Einsatz auch in eine möglichst baldige „Rückzahlung“ durch Befähigung der Menschen und damit Einbringung in den Arbeitsalltag zu bringen.

Es gibt auch noch keine Koordination – das war seine Hoffnung als Herr Altmeier ins Amt als Kanzleramtsminister mit besonderer Aufgabe berufen wurde – der Berufswege. Die Menschen kommen mit Ausbildungen, deren Anerkennung von verschiedensten Stellen zu prüfen, beurteilen ist. Sicher wäre hier durch eine zentrale Lösung festzustellen, wo steht der Flüchtling beispielsweise im Beruf der ausgebildeten Krankenschwester oder Altenpflege. Ein einheitlicher Abgleich mit der Ausbildung in Deutschland könnte zu einem teilweisen Einsatz und zu einer ergänzenden Ausbildung und damit zu einem aktiven Menschen, der nicht gelangweilt auf irgendeinen Weg in einer Unterbringung wartet, werden.

Auch auf die unterschiedlichen Flüchtlinge ging VB ein. Er lehnt eine Klassifizierung der Flüchtlinge ab und betont, es hat noch niemandem geschadet, wenn er ohne Anerkennung deutsch kann.
Zu den zahlreichen Fragen gehörte natürlich auch, warum in einer Form Aktionismus immer wieder Gesetze „nachgebessert“ werden. Er nennt das Politik nach Stimmungslagen und sagt ausdrücklich, dass dieses nur Verunsicherung schürt und damit Wählerpotential für die AfD schafft, die zwar plakativ Probleme meint anprangern zu müssen, aber ausdrücklich – wie er es selbst in einer Fernsehdiskussion mit Frauke Petri erlebt hat – sagt, dass sie keine Lösungen anbieten will und muss. Er sagt auf Frage auch, dass wir nun leider darunter leiden müssen, dass wir es über Jahrzehnte abgelehnt haben, dieses Land als Einwanderungsland zu sehen. Eine vorhandene, entsprechende Gesetzgebung würde heute manche Unklarheit verhindern.

Kurz wurde am Schluss der Veranstaltung von Mandy von Zobelitz – Vorsitzende BI Bahntrasse – noch das Thema der geplanten Bahntrasse angesprochen. VB nahm Gedanken der BI mit nach Berlin. Mandy von Zobelitz sagte, dass man sich in seiner Position noch nicht zu Ende gedacht habe. VBs Rat dazu war: Bürgerinteressen sind dann am stärksten vertreten, wenn sie die Gesamtinteressen Mitdenken.


Volker Beck auf Einladung der Fraktion der GRÜNEN in Seelze beim Grünen Frühstück

Das Frühstück ging wie immer Punkt 12 Uhr zu Ende. Aber einige Besucher nutzen noch die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch mit Volker Beck.